sonntag 19 mai 2013
14:30
Walpurgisnacht
1. Brutalität in Stein
2. Der 30. April 1945: Der Tag, an dem Hitler sich erschoss
Wiederholung vom 26.04.2013 (21:30)
14:30
Walpurgisnacht
1. Brutalität in Stein
2. Der 30. April 1945: Der Tag, an dem Hitler sich erschoss
Wiederholung vom 26.04.2013 (21:30)
19:30
Vermischte Nachrichten (97 min.)
(1986)
„An den Ufern des Nils liegen die Panoramen haufenweise.“
Faits divers (Vermischte Nachrichten) waren in klassischen Zeitungen auf der letzten Seite zu finden. Die redaktionelle Aufsicht war dort locker. So geben Vermischte Nachrichten den Blick frei auf den Rohstoff von Ereignissen in der Welt. Das entspricht einem Vexierspiegel.
Es geht um den Tod auf der Intensivstation um 5 Uhr früh, um eine Beerdigungsfeier („Glücklich ist, wer vergißt, was doch nicht zu ändern ist“). Ein Sohn schützt mit der Waffe seine Mutter. Ein Fall von Kannibalismus in Stalingrad. Empfang bei Honecker am Tag, als das Kriegsrecht in Polen verhängt wurde. Der Tag, an dem eine alte Frau beinahe gestorben wäre, weil sie stürzte, aber sie rafft sich noch einmal auf und erlebt Silvester. Vor allem aber geht es um die Geschichte des Kellners Max, der eine afrikanische Prostituierte liebt und an seiner Liebe stirbt.
„Ich bin Max, der Kellner, ich habe einen glücklichen Blick für Frauen.“
Vermischte Nachrichten (97 min.)
(1986)
„An den Ufern des Nils liegen die Panoramen haufenweise.“
Faits divers (Vermischte Nachrichten) waren in klassischen Zeitungen auf der letzten Seite zu finden. Die redaktionelle Aufsicht war dort locker. So geben Vermischte Nachrichten den Blick frei auf den Rohstoff von Ereignissen in der Welt. Das entspricht einem Vexierspiegel.
Es geht um den Tod auf der Intensivstation um 5 Uhr früh, um eine Beerdigungsfeier („Glücklich ist, wer vergißt, was doch nicht zu ändern ist“). Ein Sohn schützt mit der Waffe seine Mutter. Ein Fall von Kannibalismus in Stalingrad. Empfang bei Honecker am Tag, als das Kriegsrecht in Polen verhängt wurde. Der Tag, an dem eine alte Frau beinahe gestorben wäre, weil sie stürzte, aber sie rafft sich noch einmal auf und erlebt Silvester. Vor allem aber geht es um die Geschichte des Kellners Max, der eine afrikanische Prostituierte liebt und an seiner Liebe stirbt.
„Ich bin Max, der Kellner, ich habe einen glücklichen Blick für Frauen.“
_______________EXTRA:
Filmen zu Sylvester
Als Filmcharakter gefiel uns Franz Josef Strauß gut. Als Bundeskanzler fanden wir ihn unpassend. Es war aber nicht die politische Überzeugung (die wir auch durch Ausübung unseres Wahlrechts hätten ausdrücken können), sondern die Chance eines weiteren Kollektivfilms (also die Vereinigung der Willenskräfte), die zur Herstellung des Films Der Kandidat führte. Ein entscheidender Drehtag war der Sylvestertermin. Ich hatte schon immer die Absicht gehabt, eine Sylvesternacht zu filmen. Man kann dies auf der Seite der „Feiernden“ nur schwer verwirklichen, auf der Seite derjenigen, die in dieser Nacht arbeiten, ist es gut möglich, weil durch ihre Arbeit indirekt die Jubelnacht gespiegelt wird. Auch von der Seite der Objekte, der Straßen, der Häuser, der aufgeregten Stadt aus gesehen, schien mir das Thema verführerisch.
Ich hatte meine zwei Filmteams nach Hamburg verpflichtet. Stefan Aust hatte seine Mitarbeit zugesagt. Je näher die Sylvesternacht rückte, desto weniger gelang es uns beiden, die Teams in Arbeitsstimmung zu halten. Es drängte die Mitarbeiter, an der Einzigartigkeit der Nacht teilzuhaben. Sie wollten feiern.
Am Ende hatte ich die Außenfassaden einiger Häuser aufgenommen (vielversprechendes Licht aus dem Inneren dieser Gebäude). Mit Infrarot-Objektiv hatten wir Alsterdampfer gefilmt. Mehr als das gelang nicht. Ohne rigide, quasimilitärische Disziplin ist eine Filmaufnahme der Sylvesternacht schwer möglich. In Zukunft filmten wir Ereignisse, die auf Sylvester datieren, vorher oder nachher mit adäquater Inszenierung.
________________
Parade in der Sylvesternacht 1918 in Paris
Wie wir zu spät lernten, den subjektiven Eindruck auf dem Filmmaterial festzuhalten
In dieser Nacht konnten wir unbegrenzt filmen. Nicht nur, weil das Material gleich zur Verfügung stand (es mußte verbraucht werden, oder man hätte es in die Magazine zurücktragen müssen, wo es verschimmelt wäre), nein, auch die Lichtverhältnisse in dieser Nacht waren opulent. Fast jedes Motiv so mit Lichtergirlanden versehen, als wären die Objekte, mit denen das Ende des langen Krieges charakterisiert wurde, extra für die Filmaufnahme ausgeleuchtet worden. Die Truppen waren für die Sylvesternacht nach Paris zurückgekehrt. In den Vorstädten und der Umgebung der Hauptstadt kampierten sie. Sie hatten sich vorbereitet für diese LETZTE PARADE. Anderntags sollten sie in ihre Heimatstandorte zurücktransportiert und dort entlassen werden. Seit fünf Uhr nachmittags zogen sie den breiten Straßen des Stadtzentrums entgegen. Über den dahinziehenden Zügen eine eigentümlich traurige Stimmung. Es war nicht so, daß irgendeiner über das Ende dieses Krieges jubelte. Sie schienen auch nicht traurig, weil sie sich die Schreckenszeit, die hinter ihnen lag, zurückgewünscht hätten; vielmehr schien die Trauer daher zu rühren, daß es diese Mühseligkeit so vieler Jahre, diesen Krieg überhaupt gegeben hatte, daß keine zu erwartende Veränderung des Lebens als Lohn dem Elend gegenüberstand. Nur ärmer waren sie geworden.
Auf den Panzerwagen hatten die Pioniere mit Unterstützung städtischer Elektriker Glühbirnen an Girlanden befestigt. Ähnlich wie bei Schiffsparaden vor dem Krieg zwischen den Masten der Schiffe Lichterketten aufgereiht waren. In dieser Beleuchtung schienen die Panzerwagen wieder in die Traktoren zurückverwandelt, die sie ursprünglich waren. Sie transportierten Hoffnungszeichen aus Licht. Genau die gleichen Girlanden trugen die Kanonen und die Trosse. Die Infanteristen hatten Lampen auf ihren Helmen befestigt und zogen als geordnete Lichterkolonnen dahin; sie suchten die Lücken zu nutzen, welche die Panzer und Artilleriegespanne offenließen. Die Truppen näherten sich über die anliegenden Straßen dem Arc de Triomphe, oder sie zogen auf Parallelstraßen im Kreise um dieses Zentrum herum, auf dem die Gerüste standen, welche die Oberbefehlshaber, die königlichen Gäste und den Staatspräsidenten beherbergten.
Es war schwer, das von uns gedrehte Material später zu einem Film zusammenzuschneiden. Uns hatte der Moment ergriffen. Die Augen waren verführt durch die Lichter, die sich in gleichmäßigem Rhythmus vor uns bewegten (eine ganze Nacht lang). Beide Empfindungen, der Sinneskitzel der Lichter und die Empfindung „die ganze Nacht“, ließen sich später auf unseren Umrollern, auf denen wir das Material besichtigen und schneiden wollten, nicht wiederentdecken. Die Verbindung zu dem Zusammenhang, der uns ergriffen hatte und der stets außerhalb der Filmkader lag, war nicht wiederzugeben. Eigentlich waren es immer dieselben Bilder: schaukelnde elektrische Birnen an Kabeln und stetige Bewegung der Marschierenden.
Wir hatten Erfahrungen gemacht. Ein nächstes Mal wäre es uns gelungen, das ungewöhnliche Ereignis besser zu erfassen. Kaum aber war zu erwarten, daß es zu unseren Lebzeiten (oder in meiner Dienstzeit als Kameramann der Armee) nochmals ein solches FINALE EINES GROSSEN KRIEGS geben würde. Man mußte, das wußten wir jetzt, die Kamera nicht auf die Leuchtkörper selbst (die das Auge reizten), sondern auf die Schatten richten, die sich vor den Glühbirnen bewegten. Das belichtete Material orientiert sich immer am hellsten und am dunkelsten Punkt einer Einstellung. So verdeckte der Strahl der hellen Glühbirnen die wesentlichen Ereignisse, die erst am Rande dieses Lichts und vor allem in der Mitte zwischen zwei Lichtern oder vor diesen Lichtern als lichtunterbrechende Wirkung verfilmbar waren. Die Schatten, von denen wir uns wünschten, daß wir sie aufgenommen hätten (denn die gierigen Augen, die nach Glitzerglanz suchten, hatten „unbewußt“ auch dies gesehen), hätten die Trauer wiedergegeben, von der ich oben sprach und die den Gesamteindruck des Zuges bildete. Solche Gesamteindrücke sind mit den Mitteln des Films schwer einzufangen. Weder durch Montage noch durch lange anhaltende Aufmerksamkeit, welche die Kamera wie ein Jäger in einer bestimmten Position beläßt, wird dieser „Gesamteindruck“ wiedergegeben. Man muß neben dem Ereignis zu filmen anfangen, das Ereignis kurz streifen und dann das, was subjektiv tief im Gefühl auf die „ganze Nacht“ antwortet, wenn man Glück hat, einfangen.
Filmen zu Sylvester
Als Filmcharakter gefiel uns Franz Josef Strauß gut. Als Bundeskanzler fanden wir ihn unpassend. Es war aber nicht die politische Überzeugung (die wir auch durch Ausübung unseres Wahlrechts hätten ausdrücken können), sondern die Chance eines weiteren Kollektivfilms (also die Vereinigung der Willenskräfte), die zur Herstellung des Films Der Kandidat führte. Ein entscheidender Drehtag war der Sylvestertermin. Ich hatte schon immer die Absicht gehabt, eine Sylvesternacht zu filmen. Man kann dies auf der Seite der „Feiernden“ nur schwer verwirklichen, auf der Seite derjenigen, die in dieser Nacht arbeiten, ist es gut möglich, weil durch ihre Arbeit indirekt die Jubelnacht gespiegelt wird. Auch von der Seite der Objekte, der Straßen, der Häuser, der aufgeregten Stadt aus gesehen, schien mir das Thema verführerisch.
Ich hatte meine zwei Filmteams nach Hamburg verpflichtet. Stefan Aust hatte seine Mitarbeit zugesagt. Je näher die Sylvesternacht rückte, desto weniger gelang es uns beiden, die Teams in Arbeitsstimmung zu halten. Es drängte die Mitarbeiter, an der Einzigartigkeit der Nacht teilzuhaben. Sie wollten feiern.
Am Ende hatte ich die Außenfassaden einiger Häuser aufgenommen (vielversprechendes Licht aus dem Inneren dieser Gebäude). Mit Infrarot-Objektiv hatten wir Alsterdampfer gefilmt. Mehr als das gelang nicht. Ohne rigide, quasimilitärische Disziplin ist eine Filmaufnahme der Sylvesternacht schwer möglich. In Zukunft filmten wir Ereignisse, die auf Sylvester datieren, vorher oder nachher mit adäquater Inszenierung.
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Parade in der Sylvesternacht 1918 in Paris
Wie wir zu spät lernten, den subjektiven Eindruck auf dem Filmmaterial festzuhalten
In dieser Nacht konnten wir unbegrenzt filmen. Nicht nur, weil das Material gleich zur Verfügung stand (es mußte verbraucht werden, oder man hätte es in die Magazine zurücktragen müssen, wo es verschimmelt wäre), nein, auch die Lichtverhältnisse in dieser Nacht waren opulent. Fast jedes Motiv so mit Lichtergirlanden versehen, als wären die Objekte, mit denen das Ende des langen Krieges charakterisiert wurde, extra für die Filmaufnahme ausgeleuchtet worden. Die Truppen waren für die Sylvesternacht nach Paris zurückgekehrt. In den Vorstädten und der Umgebung der Hauptstadt kampierten sie. Sie hatten sich vorbereitet für diese LETZTE PARADE. Anderntags sollten sie in ihre Heimatstandorte zurücktransportiert und dort entlassen werden. Seit fünf Uhr nachmittags zogen sie den breiten Straßen des Stadtzentrums entgegen. Über den dahinziehenden Zügen eine eigentümlich traurige Stimmung. Es war nicht so, daß irgendeiner über das Ende dieses Krieges jubelte. Sie schienen auch nicht traurig, weil sie sich die Schreckenszeit, die hinter ihnen lag, zurückgewünscht hätten; vielmehr schien die Trauer daher zu rühren, daß es diese Mühseligkeit so vieler Jahre, diesen Krieg überhaupt gegeben hatte, daß keine zu erwartende Veränderung des Lebens als Lohn dem Elend gegenüberstand. Nur ärmer waren sie geworden.
Auf den Panzerwagen hatten die Pioniere mit Unterstützung städtischer Elektriker Glühbirnen an Girlanden befestigt. Ähnlich wie bei Schiffsparaden vor dem Krieg zwischen den Masten der Schiffe Lichterketten aufgereiht waren. In dieser Beleuchtung schienen die Panzerwagen wieder in die Traktoren zurückverwandelt, die sie ursprünglich waren. Sie transportierten Hoffnungszeichen aus Licht. Genau die gleichen Girlanden trugen die Kanonen und die Trosse. Die Infanteristen hatten Lampen auf ihren Helmen befestigt und zogen als geordnete Lichterkolonnen dahin; sie suchten die Lücken zu nutzen, welche die Panzer und Artilleriegespanne offenließen. Die Truppen näherten sich über die anliegenden Straßen dem Arc de Triomphe, oder sie zogen auf Parallelstraßen im Kreise um dieses Zentrum herum, auf dem die Gerüste standen, welche die Oberbefehlshaber, die königlichen Gäste und den Staatspräsidenten beherbergten.
Es war schwer, das von uns gedrehte Material später zu einem Film zusammenzuschneiden. Uns hatte der Moment ergriffen. Die Augen waren verführt durch die Lichter, die sich in gleichmäßigem Rhythmus vor uns bewegten (eine ganze Nacht lang). Beide Empfindungen, der Sinneskitzel der Lichter und die Empfindung „die ganze Nacht“, ließen sich später auf unseren Umrollern, auf denen wir das Material besichtigen und schneiden wollten, nicht wiederentdecken. Die Verbindung zu dem Zusammenhang, der uns ergriffen hatte und der stets außerhalb der Filmkader lag, war nicht wiederzugeben. Eigentlich waren es immer dieselben Bilder: schaukelnde elektrische Birnen an Kabeln und stetige Bewegung der Marschierenden.
Wir hatten Erfahrungen gemacht. Ein nächstes Mal wäre es uns gelungen, das ungewöhnliche Ereignis besser zu erfassen. Kaum aber war zu erwarten, daß es zu unseren Lebzeiten (oder in meiner Dienstzeit als Kameramann der Armee) nochmals ein solches FINALE EINES GROSSEN KRIEGS geben würde. Man mußte, das wußten wir jetzt, die Kamera nicht auf die Leuchtkörper selbst (die das Auge reizten), sondern auf die Schatten richten, die sich vor den Glühbirnen bewegten. Das belichtete Material orientiert sich immer am hellsten und am dunkelsten Punkt einer Einstellung. So verdeckte der Strahl der hellen Glühbirnen die wesentlichen Ereignisse, die erst am Rande dieses Lichts und vor allem in der Mitte zwischen zwei Lichtern oder vor diesen Lichtern als lichtunterbrechende Wirkung verfilmbar waren. Die Schatten, von denen wir uns wünschten, daß wir sie aufgenommen hätten (denn die gierigen Augen, die nach Glitzerglanz suchten, hatten „unbewußt“ auch dies gesehen), hätten die Trauer wiedergegeben, von der ich oben sprach und die den Gesamteindruck des Zuges bildete. Solche Gesamteindrücke sind mit den Mitteln des Films schwer einzufangen. Weder durch Montage noch durch lange anhaltende Aufmerksamkeit, welche die Kamera wie ein Jäger in einer bestimmten Position beläßt, wird dieser „Gesamteindruck“ wiedergegeben. Man muß neben dem Ereignis zu filmen anfangen, das Ereignis kurz streifen und dann das, was subjektiv tief im Gefühl auf die „ganze Nacht“ antwortet, wenn man Glück hat, einfangen.