TRAILER^
19:30
19:30
„DAS HEISSE UND DAS KALTE“ (100 min.)
Programm in zwei Teilen: 1. Love Politics. Nachrichten vom Tausendfüßler Liebe; 2. Wer sich traut, reißt die Kälte vom Pferd. Love Politics. Nachrichten vom Tausendfüßler Liebe (33 min.) Liebe baut ihre Gärten und Nester in den Formen der poetischen Kraft: Mit Hilfe von Büchern, von Filmen und Musikstücken. Zwei dieser Parameter fehlen in einem gedruckten Text. 1. Reimlexikon. Die besten Reime von „Liebe“ bis „Getriebe“. Musik: If All of the Dead are Coming Ahead. Von Gustav & Band (Eva Jantschitsch). 2. Der Liebesbeweis. Niklas Luhmann über Beobachtung zweiter Ordnung in der Liebe 3. Liebe 1944. Die Ungewißheit, vor allem die Einflußlosigkeit darauf, ob und wann einer vom Krieg erschlagen wird, macht die Seele kühn. Nichts gibt es mehr zu verlieren. So bewahrte sich Gerda F. nach dem Luftangriff auf Ulm, der sich über Stunden hinzog, nicht weiter auf. Kein Gedanke, auf einen der zurückkehrenden Kämpfer zu warten, den sie noch kannte und der um ihre Hand bitten würde. 4. Das tödliche Dreieck. Sopran, Bariton, Tenor. Das entspricht in der Dramatik dem Verhältnis zwischen Vätern, die ihre Töchter verteidigen und dadurch töten, den Verführern, die diese Töchter begehren, und den Töchtern, die aus Liebe sterben. Ein-Minuten-Film. 5. Der Kußlehrer. Helge Schneider als Kußlehrer, seit 300 Jahren tätig in der Erwachsenenbildung. 6. Ingrids Rache. Eine Frau, die nach 1945 ihren Mann durch die Notzeit bringt und dann durch eine jüngere ersetzt wird, übt am Auto ihres untreuen Ehemannes Vergeltung. „Nicht die Stärke der Gefühle, sondern ihre Dauer macht die großen Menschen.“ 7. Tsunami der Emotion. Joseph Vogl über Tosca. Tosca von Giacomo Puccini ist das klassische Emotionsdrama in der Musik des Verismo. Die Handlung spielt in Rom an einem einzigen Tag des Jahres 1800. Im Norden Italiens schlägt die Zeitgeschichte zu: Napoleon siegt bei Marengo. In Rom verfolgen Reaktionäre, an deren Spitze der Polizeichef Scarpia, Rebellen und Republikaner. Vor diesem Hintergrund spielt die Dreiecksgeschichte zwischen Cavaradossi (Toscas Geliebtem), Scarpia (dem Machtmenschen, der Tosca begehrt) und Tosca (die den Polizeichef tötet und ihrem Leben ein Ende setzt). Joseph Vogl entwickelt am Beispiel dieses Dramas das Prinzip der „Einfühlung“ und der „Überflutung“, die zum Ausdruckskanon des Theaters und des Romans gehören. 8. Fifi. 9. „Liebe als ein Begriff dafür, daß man das, was man vom andern haben will, gerade dadurch selbst gibt“ |
Wer sich traut, reißt die Kälte vom Pferd (60min.)
1. Teich, der vom Schnee zugeweht wird 2. Das Ende eines Eiszapfens mit Himmelsgestirn in der Ferne 3. „Die gescheiterte Hoffnung“. Paraphrase zu einem Bild Caspar David Friedrichs. Das Bild trägt den Titel „Das Eismeer“ 4. Das Wetter in Stalingrad. Die Hydrometeorologin Emma Romanowa von der Wetterstation Wolgograd berichtet von den Wetterbedingungen im Winter 1942/43, die das Geschehen im Kessel von Stalingrad mitbestimmten 5. In einem sehr kalten Land, Jahr für Jahr … In dem mittelalterlichen Kirchenlied „Es kommt ein Schiff geladen“ geht es um einen Hoffnungshorizont. 6. Stiefel ohne Mann. 7. „Man sieht den Horizont auf allen Seiten“. Mit dem Reiseschriftsteller Helge Schneider am Nordpol. 8. Der Mann, der jede Kälte kennt. Mit dem Schatten-Chef der russischen Polarforschung Dr. Artur Tschilingarow. 9. Husaren erobern Kriegsschiffe im Eis. Ein Triumph der Französischen Revolution. Die französische Revolutionsarmee besetzte 1794 Holland. Eine Husareneinheit überraschte die holländische Kriegsflotte, die im Eis eingefroren war, und erzwang deren Kapitulation. Dr. Manfred Osten berichtet. 10. Die neun Unzertrennlichen. Kinder in Galizien. Eine Moritat. Trotz des Winters besuchen sie täglich die Schule. Auf dem Heimweg werden sie vom Schneesturm überrascht. 11. Schrecken des Eises und der Finsternis. Werner Herzog über die Entdecker des Franz-Josef-Landes und deren Überwinterung im Eis. Zwei österreichische Offiziere entdeckten auf ihrer Suche nach dem legendären Nordpolarmeer die nördliche Inselkette Franz-Josef-Land. Dabei wären sie fast erfroren. Auf der Mostra Internazionale d’Arte Cinematografica di Venezia im September 1991 beschreibt er sein Projekt. 12. Winterszenen. 1) Schneedecke im Nordostwind; 2) Schlittschuhlaufen auf der Alster in Hamburg; 3) Eisgang auf der Elbe; 4) Schneeraupen nachts. Mit Musik von Bob Dylan 13. Zeitraffer mit Schneetreiben vor meinem Balkon Elisabethstr. 38 in München Am 26. Mai 1967 schreibt Theodor W. Adorno an Alexander Kluge: „Lieber Axel, [...] es ist mir aus tausend Gründen unendlich daran gelegen, Dich bald zu sehen, auch um wegen der Idee eines Films über die Kälte mit Dir zu sprechen.“ Diesen Plan Adornos, einen Film zu machen über den Kältestrom, der unsere Welt beherrscht, greift Kluge 43 Jahre später auf. Unterstützt wird er dabei unter anderem von Manfred Osten, Werner Herzog, Helge Schneider und dem russischen Polarforscher Artur Tschilingarow (jenem „Helden der Sowjetunion“, der 2007 am Nordpol eine russische Flagge aus Titan in den Meeresgrund rammte). |
21:30
Der Angriff der Gegenwart auf die übrige Zeit (106 min.)
(1985)
„Er war innerlich voller Bilder.“
Kann man das 20. Jahrhundert in Vierjahrespläne einteilen? Was hat Schrotthandel mit Kultur zu tun? Was vermögen Massenmedien?
Eine junge Ärztin fühlt sich überflüssig. Eine Familie sitzt vor ihrem Computer wie vor einem Herdfeuer. Ein Eiliger. Eine Erzieherin (Jutta Hoffmann) soll ein Kind, das seine Eltern verloren hat und das sie ein Jahr lang betreute, an Verwandte übergeben. Der Empfang ist so, daß sie das Kind wieder mitnimmt.
Zuletzt die Geschichte vom blinden Regisseur. Er hat während der Dreharbeiten das Augenlicht verloren und dreht blind seinen schönsten Film.
Die Gegenwart bläst sich auf. Ohne die Vorgeschichte, die Zukunft und vor allem die Möglichkeitsform gibt es aber keine Realität: der Angriff der Gegenwart auf die übrige Zeit.
Der Angriff der Gegenwart auf die übrige Zeit (106 min.)
(1985)
„Er war innerlich voller Bilder.“
Kann man das 20. Jahrhundert in Vierjahrespläne einteilen? Was hat Schrotthandel mit Kultur zu tun? Was vermögen Massenmedien?
Eine junge Ärztin fühlt sich überflüssig. Eine Familie sitzt vor ihrem Computer wie vor einem Herdfeuer. Ein Eiliger. Eine Erzieherin (Jutta Hoffmann) soll ein Kind, das seine Eltern verloren hat und das sie ein Jahr lang betreute, an Verwandte übergeben. Der Empfang ist so, daß sie das Kind wieder mitnimmt.
Zuletzt die Geschichte vom blinden Regisseur. Er hat während der Dreharbeiten das Augenlicht verloren und dreht blind seinen schönsten Film.
Die Gegenwart bläst sich auf. Ohne die Vorgeschichte, die Zukunft und vor allem die Möglichkeitsform gibt es aber keine Realität: der Angriff der Gegenwart auf die übrige Zeit.
______________EXTRA:
Übergabe des Kindes
Sie hatte mehrere Zettel vorbereitet: Eigenheiten des Kindes, Reinlichkeitsgewohnheiten, Eßlaune, Schlafmuster, Trostmittel. Sie wies darauf hin, daß sie unten im Wagen hätte: Bett, Spielsachen, Stofftiere und 1 Fotografie der Mutter. Das Kind hielt sie an der Hand.
Sie hatte die Verantwortung für das vergangene halbe Jahr innegehabt. Es war aber in diesem im Einzug befindlichen Haus für die Übergabe niemand zuständig. Die Schwester der verunglückten Mutter, die nunmehr Verantwortung für das Kind übernehmen sollte, eine Geschäftsfrau, hatte eines der Hausmädchen mit der Annahme des Kindes beauftragt. Das junge Mädchen hatte jedoch zahlreiche Sonderaufträge zu erledigen und schien unaufmerksam. Eine Hauswartsfrau, unzuständig, hörte dem Bericht der Pflegerin zu.
– Sie müssen, wenn Sie das Kind transportieren, die Stofftiere mitgeben, sonst ißt es nichts.
– Das wird nicht gehen, sagte die Hauswartsfrau.
– In einer Stunde muß es zum Mittagsschlaf gelegt werden. Das ist es gewöhnt.
– Es wird sich hier umgewöhnen müssen.
– Was gibt es denn zu Mittag?
Die Hauswartsfrau meinte, daß das Kind in einem Lokal in der Nähe abgefüttert werden solle, sie nähme das an, weil die Küche noch nicht funktioniere. Die Pflegerin aber wollte warten, bis sie ihren Erfahrungsbericht an eine sorgeberechtigte Person übermittelt hätte.
Übergabe des Kindes
Sie hatte mehrere Zettel vorbereitet: Eigenheiten des Kindes, Reinlichkeitsgewohnheiten, Eßlaune, Schlafmuster, Trostmittel. Sie wies darauf hin, daß sie unten im Wagen hätte: Bett, Spielsachen, Stofftiere und 1 Fotografie der Mutter. Das Kind hielt sie an der Hand.
Sie hatte die Verantwortung für das vergangene halbe Jahr innegehabt. Es war aber in diesem im Einzug befindlichen Haus für die Übergabe niemand zuständig. Die Schwester der verunglückten Mutter, die nunmehr Verantwortung für das Kind übernehmen sollte, eine Geschäftsfrau, hatte eines der Hausmädchen mit der Annahme des Kindes beauftragt. Das junge Mädchen hatte jedoch zahlreiche Sonderaufträge zu erledigen und schien unaufmerksam. Eine Hauswartsfrau, unzuständig, hörte dem Bericht der Pflegerin zu.
– Sie müssen, wenn Sie das Kind transportieren, die Stofftiere mitgeben, sonst ißt es nichts.
– Das wird nicht gehen, sagte die Hauswartsfrau.
– In einer Stunde muß es zum Mittagsschlaf gelegt werden. Das ist es gewöhnt.
– Es wird sich hier umgewöhnen müssen.
– Was gibt es denn zu Mittag?
Die Hauswartsfrau meinte, daß das Kind in einem Lokal in der Nähe abgefüttert werden solle, sie nähme das an, weil die Küche noch nicht funktioniere. Die Pflegerin aber wollte warten, bis sie ihren Erfahrungsbericht an eine sorgeberechtigte Person übermittelt hätte.