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sonntag 12 mai 2013
14:30
Erster Weltkrieg. Wie ein Jahrhundert entgleist. (118 min.)
1. Intro
Auge, Ich, Künstler, Erde, Welt, grau, rot, schwarz, oben, unten, hell, dunkel: Das sind die poetischen Pole, nach denen Paul Klee sich in seinem Unterricht im Bauhaus gerichtet hat. Sie dienen der Orientierung auch bei Entgleisung.
2. Der Sohn meiner Großmutter mütterlicherseits
Den Bruder meiner Mutter, Herbert Hausdorf, habe ich nie gesehen. Er soll die Augen meiner Mutter gehabt haben.
3. Zwei Männer, die den Frieden hätten retten können, werden ausgeschaltet. Szene aus Rolf Hochhuths Sommer 14.
Der französische Sozialist Jaurès trat gegen den Krieg auf und wurde ermordet. Den politischen Tod erlitt Frankreichs liberaler Politiker Cailloux, der als Kriegsgegner galt. In Hochhuths eindrucksvollem Drama wird Madame Cailloux gezeigt, die ihren Mann zu retten versucht.
4. Kein Platz für einen Weltkrieg im August
Über 200 Jahre haben das Zarenreich und die k. u. k. Monarchie um das Erbe des Osmanischen Reiches gestritten. Das Zarenreich wollte seit Katharina der Großen die Hauptstadt der orthodoxen Religion, Konstantinopel, einverleiben. Im Februar 1914 plante ein Kronrat des Zaren einen Überraschungsangriff auf die Dardanellen, ein Abenteuer. Der Coup hätte alle Gegnerschaften und Bündnisse in Europa durcheinandergewürfelt. Es ist unwahrscheinlich, daß es dann zu einem Weltkrieg im August gekommen wäre.
5. Gas! „Wie eine Vielzahl leiser Pfiffe“.
Zu den Schocks gehört der Gaskrieg. Daß menschlichen Lebewesen wie Ratten der Atem genommen und die Haut verätzt wird, gehört zu den sinnlich nicht faßbaren Ereignissen.
6. Sind Kriege, für deren Ausbruch wenig Grund bestand, besonders schwer zu beenden? Mit Jörg Friedrich.
Der Historiker Jörg Friedrich spricht von einem 30-jährigen Krieg (genau genommen sind es 31 Jahre), der mit dem 1. August 1914 beginnt und erst im Mai 1945 endet. Keine der beteiligten Nationen hatte objektiv ein Interesse, so Jörg Friedrich, an einem globalen Krieg oder einem Krieg im Westen. Die einzigen nicht auf Einbildung oder vorgefaßten Plänen beruhenden Konflikte lagen im Südosten, auf dem Balkan. Für einen Krieg im Westen, sagt Jörg Friedrich, gab es keinen Grund, für einen Krieg im Osten, gab es keinen Plan.
Schon der 30-jährige Krieg (1618-1648) zeigt, daß Kriege um so schwerer zu beenden sind, je weniger Grund für ihren Ausbruch bestand.
7. Verstümmeltes Originaltelegramm der deutschen Kriegserklärung
Die Verschlüsselung hat den Text des Telegramms verdorben. Wie beharrlich ist der Wille zum Krieg, wenn ein derart unverständlicher Text doch sofort als Kriegserklärung gedeutet wird. Ein authentischer Fall von „dada natur“.
8. Ernst Jünger. Sturmangriff
Bei einem Angriff auf ein Haus hörten die Soldaten, schreibt Ernst Jünger, im Kampflärm unerwartet die Klänge eines mechanischen Klaviers, das einen Schlager aus der Vorkriegszeit spielte. Zwei Zeiten, sagt Jünger, überkreuzten sich.
9. Nicht einmal für Verzweiflung ist Platz. Aus der Praxis der Stabsarbeit. Mit Markus Pöhlmann.
Beschrieben wird die Praxis im Alltag der höheren Stäbe. Sie besteht aus Wartezeit, Telefonarbeit und Stunden extremer Hektik. In den Momenten, in denen außerordentliche Entscheidungen getroffen werden, ist für keine Gemütsbewegung, auch nicht für Verzweiflung, Raum. Die Vorstellung, daß die Beteiligten den zeitlichen Ablauf von vier Jahren Kriegszeit als eine Zeitlänge wahrgenommen haben, ist unzutreffend. Diese Zeit ist in Wochen, Tage und Stunden zerteilt, in denen die Beteiligten sich von Wendepunkt zu Wendepunkt, von Überraschung zu Überraschung bewegten.
10. Das Lied vom Grabenkrieg. Mit Kraud’n Sepp.
Der populäre bayrische Dichter und Volkssänger Kraud'n Sepp drückt den Galgenhumor der Soldaten aus, Das Grabenlied spricht vom „Geländehut“ (Stahlhelm) und sieht das enge Zusammengesperrtsein und die üppige Zuteilung von Aspirin als Vorteil. Es gibt keine größere Differenz als die zwischen dem Ausdruck des Volkswitzes und der vergeblich um Witz bemühten Propagandaarbeit der amtlichen Dienststellen.
11. Zeppeline von 1914
12. Der Krieg ist eine Alchimistenküche von Neuerungen. Guderian in der Marneschlacht. Mit Friedrich Kittler.
13. Wer die Massaker nicht erinnert, pflegt sie.
Das Zitat stammt von Ernst Jünger.
14. Die letzten Tage der Menschheit.
Tragödie in 5 Akten von Karl Kraus. 5. Akt, Szene 55 und Epilog (Ausschnitt).
Mit Sir Henry, Anne Ratte-Polle, Max Hopp, Sophie Kluge, Jan Czajkowski, Schorsch Kamerun. Die Schlußszenen der Tragödie bilden eine unmittelbare Antwort auf die Entgleisung des Jahrhunderts.
15. Bildbeschreibung
Kommentar zu einem Bild aus dem Sammelwerk La Guerre Juste, gefunden in der Bibliothek des Grandhotel Waldhaus in Sils Maria. Zwei Marodeure, die ihre auf dem Schlachtfeld gewonnene Beute nicht mehr verstecken können, sind der Verzweiflung nahe.
16. Der stereoskopische Blick. Welche Sinne braucht der Krieg? Der gepanzerte Mensch. Mit Martin Wuttke.
Der stereoskopische Blick, von dem Jünger handelt, findet sich auch bei Marcel Proust. Die Stereoskopie entspricht dem neuen sinnlichen Bedürfnis, die nur im Gesamtraum verständliche Einzelheit, d. h. die neue Wirklichkeit des Kriegs und der Industrie, wahrzunehmen. Der stereoskopische Blick und der kubistische Blick erscheinen verwandt.
17. Die Anti-Scheuklappe für Artilleristen. Mit Helge Schneider.
18. Eine schwer zu deutende Heldentat
Wie eine Infanterietruppe auf einem Verschiebebahnhof unaufgefordert und unter Einsatz ihres Lebens eine Katastrophe verhinderte. Der Fall ist authentisch. Es geht um die gleiche Hingabefähigkeit, die in der Praxis der obersten Stäbe sich als Kaltherzigkeit zeigt.
19. Ein Unglück kommt selten allein. Mit Peter Berling als k. u. k. Bahnrat.
K. u. k. Bahnrat Hötzi berichtet von der Tatsache, daß nach der Beerdigung des Kaisers Franz Josef der dort anwesende ungarische Hochadel bei der Heimfahrt nach Budapest in vier D-Zügen verunglückte. Viele Zeitgenossen sahen in diesem Unfall ein Symbol für das Ende des Habsburgischen Reiches.
20. Ernst Jünger. In Stahlgewittern.
21. Sehen Sie sich als Jakobiner? Ernst Jünger im Gespräch.
22. Was ist der Mittelpunkt der Welt?
Die Begegnung des Berufsrevolutionärs (auch Fabrikant und Millionär) Parvus-Helphand mit dem deutschen Botschafter in Konstantinopel, Baron von Wangenheim, ist historisch. Aus diesem Kontakt entstand die spätere Zusammenarbeit der revolutionären Linken mit der deutschen Reichsführung, die im Transport Lenins aus der Schweiz nach St. Petersburg und in der anfänglichen Finanzhilfe für die Revolution gipfelte.
23. Der Bilanzchoral. Mit Rolf Hochhuth.
24. Schußfahrt auf Befehl. Symbolisches Unglück. Größte französische Eisenbahnkatastrophe im Dezember 1917.
25. Heiligabend 1918
Ein junger Soldat erschießt sich im Militärgefängnis, in das er nach der Rückkehr von der Front eingeliefert wurde.
26. Die Planung Wild-Ost. Gab es eine Chance für einen „Alexander-Zug“ nach Indien? Mit Winfried Baumgart.
Die deutschen Armeen hatten sich 1918 bis Tiflis vorgearbeitet und befanden sich auf dem Weg nach Baku. Der Stab des Generals Bartenwerffer in der dritten OHL plante einen Vorstoß bis Indien. Eine Vorhut (von Hentig, Hauptmann Niedermeyer) war bereits in Kabul vorstellig geworden. Ein neuer Alexander-Zug nach Osten galt 1918 als „Wunderwaffe“, die dem Deutschen Reich noch zur Verfügung stand. Piloten der k. u. k. Luftwaffe errichteten eine Fluglinie Wien–Odessa–Tiflis. Der Historiker Winfried Baumgart publizierte u. a. die Tagebücher des Grafen Bothmer, der die OHL bei der bolschewistischen Regierung in Moskau vertrat.
27. Silvester 1918 in Berlin
Drei bewaffnete Bürgerkriegsparteien belagern einander zu Silvester 1918 in den Wasserwerken von Berlin. Zu diesem Zeitpunkt werden in den Wasserbehältern Mikroben nachgewiesen. Das Virchow-Institut der Charité gibt Alarm. Kann man mit Gewehren einen neuen Feind, wie er sich in den Bakterien zeigt, wirksam bekämpfen?
28. Liebknecht und Luxemburg, Januar 1919.
29. Verratenes Volk. Einar Schleef-Marathon über den November 1918.
30. Das schrecklichste wäre...wenn man am Ende nur kitten müßte. Aus dem Tagebuch des Grafen Kessler.
sonntag 12 mai 2013
14:30
Erster Weltkrieg. Wie ein Jahrhundert entgleist. (118 min.)
1. Intro
Auge, Ich, Künstler, Erde, Welt, grau, rot, schwarz, oben, unten, hell, dunkel: Das sind die poetischen Pole, nach denen Paul Klee sich in seinem Unterricht im Bauhaus gerichtet hat. Sie dienen der Orientierung auch bei Entgleisung.
2. Der Sohn meiner Großmutter mütterlicherseits
Den Bruder meiner Mutter, Herbert Hausdorf, habe ich nie gesehen. Er soll die Augen meiner Mutter gehabt haben.
3. Zwei Männer, die den Frieden hätten retten können, werden ausgeschaltet. Szene aus Rolf Hochhuths Sommer 14.
Der französische Sozialist Jaurès trat gegen den Krieg auf und wurde ermordet. Den politischen Tod erlitt Frankreichs liberaler Politiker Cailloux, der als Kriegsgegner galt. In Hochhuths eindrucksvollem Drama wird Madame Cailloux gezeigt, die ihren Mann zu retten versucht.
4. Kein Platz für einen Weltkrieg im August
Über 200 Jahre haben das Zarenreich und die k. u. k. Monarchie um das Erbe des Osmanischen Reiches gestritten. Das Zarenreich wollte seit Katharina der Großen die Hauptstadt der orthodoxen Religion, Konstantinopel, einverleiben. Im Februar 1914 plante ein Kronrat des Zaren einen Überraschungsangriff auf die Dardanellen, ein Abenteuer. Der Coup hätte alle Gegnerschaften und Bündnisse in Europa durcheinandergewürfelt. Es ist unwahrscheinlich, daß es dann zu einem Weltkrieg im August gekommen wäre.
5. Gas! „Wie eine Vielzahl leiser Pfiffe“.
Zu den Schocks gehört der Gaskrieg. Daß menschlichen Lebewesen wie Ratten der Atem genommen und die Haut verätzt wird, gehört zu den sinnlich nicht faßbaren Ereignissen.
6. Sind Kriege, für deren Ausbruch wenig Grund bestand, besonders schwer zu beenden? Mit Jörg Friedrich.
Der Historiker Jörg Friedrich spricht von einem 30-jährigen Krieg (genau genommen sind es 31 Jahre), der mit dem 1. August 1914 beginnt und erst im Mai 1945 endet. Keine der beteiligten Nationen hatte objektiv ein Interesse, so Jörg Friedrich, an einem globalen Krieg oder einem Krieg im Westen. Die einzigen nicht auf Einbildung oder vorgefaßten Plänen beruhenden Konflikte lagen im Südosten, auf dem Balkan. Für einen Krieg im Westen, sagt Jörg Friedrich, gab es keinen Grund, für einen Krieg im Osten, gab es keinen Plan.
Schon der 30-jährige Krieg (1618-1648) zeigt, daß Kriege um so schwerer zu beenden sind, je weniger Grund für ihren Ausbruch bestand.
7. Verstümmeltes Originaltelegramm der deutschen Kriegserklärung
Die Verschlüsselung hat den Text des Telegramms verdorben. Wie beharrlich ist der Wille zum Krieg, wenn ein derart unverständlicher Text doch sofort als Kriegserklärung gedeutet wird. Ein authentischer Fall von „dada natur“.
8. Ernst Jünger. Sturmangriff
Bei einem Angriff auf ein Haus hörten die Soldaten, schreibt Ernst Jünger, im Kampflärm unerwartet die Klänge eines mechanischen Klaviers, das einen Schlager aus der Vorkriegszeit spielte. Zwei Zeiten, sagt Jünger, überkreuzten sich.
9. Nicht einmal für Verzweiflung ist Platz. Aus der Praxis der Stabsarbeit. Mit Markus Pöhlmann.
Beschrieben wird die Praxis im Alltag der höheren Stäbe. Sie besteht aus Wartezeit, Telefonarbeit und Stunden extremer Hektik. In den Momenten, in denen außerordentliche Entscheidungen getroffen werden, ist für keine Gemütsbewegung, auch nicht für Verzweiflung, Raum. Die Vorstellung, daß die Beteiligten den zeitlichen Ablauf von vier Jahren Kriegszeit als eine Zeitlänge wahrgenommen haben, ist unzutreffend. Diese Zeit ist in Wochen, Tage und Stunden zerteilt, in denen die Beteiligten sich von Wendepunkt zu Wendepunkt, von Überraschung zu Überraschung bewegten.
10. Das Lied vom Grabenkrieg. Mit Kraud’n Sepp.
Der populäre bayrische Dichter und Volkssänger Kraud'n Sepp drückt den Galgenhumor der Soldaten aus, Das Grabenlied spricht vom „Geländehut“ (Stahlhelm) und sieht das enge Zusammengesperrtsein und die üppige Zuteilung von Aspirin als Vorteil. Es gibt keine größere Differenz als die zwischen dem Ausdruck des Volkswitzes und der vergeblich um Witz bemühten Propagandaarbeit der amtlichen Dienststellen.
11. Zeppeline von 1914
12. Der Krieg ist eine Alchimistenküche von Neuerungen. Guderian in der Marneschlacht. Mit Friedrich Kittler.
13. Wer die Massaker nicht erinnert, pflegt sie.
Das Zitat stammt von Ernst Jünger.
14. Die letzten Tage der Menschheit.
Tragödie in 5 Akten von Karl Kraus. 5. Akt, Szene 55 und Epilog (Ausschnitt).
Mit Sir Henry, Anne Ratte-Polle, Max Hopp, Sophie Kluge, Jan Czajkowski, Schorsch Kamerun. Die Schlußszenen der Tragödie bilden eine unmittelbare Antwort auf die Entgleisung des Jahrhunderts.
15. Bildbeschreibung
Kommentar zu einem Bild aus dem Sammelwerk La Guerre Juste, gefunden in der Bibliothek des Grandhotel Waldhaus in Sils Maria. Zwei Marodeure, die ihre auf dem Schlachtfeld gewonnene Beute nicht mehr verstecken können, sind der Verzweiflung nahe.
16. Der stereoskopische Blick. Welche Sinne braucht der Krieg? Der gepanzerte Mensch. Mit Martin Wuttke.
Der stereoskopische Blick, von dem Jünger handelt, findet sich auch bei Marcel Proust. Die Stereoskopie entspricht dem neuen sinnlichen Bedürfnis, die nur im Gesamtraum verständliche Einzelheit, d. h. die neue Wirklichkeit des Kriegs und der Industrie, wahrzunehmen. Der stereoskopische Blick und der kubistische Blick erscheinen verwandt.
17. Die Anti-Scheuklappe für Artilleristen. Mit Helge Schneider.
18. Eine schwer zu deutende Heldentat
Wie eine Infanterietruppe auf einem Verschiebebahnhof unaufgefordert und unter Einsatz ihres Lebens eine Katastrophe verhinderte. Der Fall ist authentisch. Es geht um die gleiche Hingabefähigkeit, die in der Praxis der obersten Stäbe sich als Kaltherzigkeit zeigt.
19. Ein Unglück kommt selten allein. Mit Peter Berling als k. u. k. Bahnrat.
K. u. k. Bahnrat Hötzi berichtet von der Tatsache, daß nach der Beerdigung des Kaisers Franz Josef der dort anwesende ungarische Hochadel bei der Heimfahrt nach Budapest in vier D-Zügen verunglückte. Viele Zeitgenossen sahen in diesem Unfall ein Symbol für das Ende des Habsburgischen Reiches.
20. Ernst Jünger. In Stahlgewittern.
21. Sehen Sie sich als Jakobiner? Ernst Jünger im Gespräch.
22. Was ist der Mittelpunkt der Welt?
Die Begegnung des Berufsrevolutionärs (auch Fabrikant und Millionär) Parvus-Helphand mit dem deutschen Botschafter in Konstantinopel, Baron von Wangenheim, ist historisch. Aus diesem Kontakt entstand die spätere Zusammenarbeit der revolutionären Linken mit der deutschen Reichsführung, die im Transport Lenins aus der Schweiz nach St. Petersburg und in der anfänglichen Finanzhilfe für die Revolution gipfelte.
23. Der Bilanzchoral. Mit Rolf Hochhuth.
24. Schußfahrt auf Befehl. Symbolisches Unglück. Größte französische Eisenbahnkatastrophe im Dezember 1917.
25. Heiligabend 1918
Ein junger Soldat erschießt sich im Militärgefängnis, in das er nach der Rückkehr von der Front eingeliefert wurde.
26. Die Planung Wild-Ost. Gab es eine Chance für einen „Alexander-Zug“ nach Indien? Mit Winfried Baumgart.
Die deutschen Armeen hatten sich 1918 bis Tiflis vorgearbeitet und befanden sich auf dem Weg nach Baku. Der Stab des Generals Bartenwerffer in der dritten OHL plante einen Vorstoß bis Indien. Eine Vorhut (von Hentig, Hauptmann Niedermeyer) war bereits in Kabul vorstellig geworden. Ein neuer Alexander-Zug nach Osten galt 1918 als „Wunderwaffe“, die dem Deutschen Reich noch zur Verfügung stand. Piloten der k. u. k. Luftwaffe errichteten eine Fluglinie Wien–Odessa–Tiflis. Der Historiker Winfried Baumgart publizierte u. a. die Tagebücher des Grafen Bothmer, der die OHL bei der bolschewistischen Regierung in Moskau vertrat.
27. Silvester 1918 in Berlin
Drei bewaffnete Bürgerkriegsparteien belagern einander zu Silvester 1918 in den Wasserwerken von Berlin. Zu diesem Zeitpunkt werden in den Wasserbehältern Mikroben nachgewiesen. Das Virchow-Institut der Charité gibt Alarm. Kann man mit Gewehren einen neuen Feind, wie er sich in den Bakterien zeigt, wirksam bekämpfen?
28. Liebknecht und Luxemburg, Januar 1919.
29. Verratenes Volk. Einar Schleef-Marathon über den November 1918.
30. Das schrecklichste wäre...wenn man am Ende nur kitten müßte. Aus dem Tagebuch des Grafen Kessler.
19:00
Nachrichten von Stalingrad (90 min.)
Für die deutsche 6. Armee endet der „Blitzkrieg“ 1942 im Kessel von Stalingrad. Die Sequenzen des Filmes zeigen Momentaufnahmen dieses Geschehens, daß die deutsche Führung und Hitler um jeden Kredit brachte.
Nachrichten von Stalingrad (90 min.)
Für die deutsche 6. Armee endet der „Blitzkrieg“ 1942 im Kessel von Stalingrad. Die Sequenzen des Filmes zeigen Momentaufnahmen dieses Geschehens, daß die deutsche Führung und Hitler um jeden Kredit brachte.
__________EXTRA:
Eine Episode in der Schlacht um Stalingrad
„Heimkehr kann man nicht kaufen.“
A. Pouchkine
Der russische Schriftsteller Konstantin Simonow behauptet: eine Schlacht von Stalingrad fand technisch gesehen nie statt. Der Untergang der 6. Armee, d. h. die klägliche Reduktion einer Masse von 300 000 Soldaten des Blitzkriegs zu einer verzweifelten Summe von Einzelgruppen (nie aber Individuen), war entschieden im Moment der Vereinigung der südlichen und der nordwestlichen Stoßgruppe der Roten Armee bei Kalatsch, d. h. der kartenmäßig feststellbaren Umzingelung. Es fehlte nur noch der Durchhaltebefehl Hitlers, der die Armee in diesem Kartenbild fixierte. Die tatsächlichen Geschehnisse, die den Zeitraum vom 19. November 1942 bis zum 2. Februar 1943 ausmachen, bestehen aus Einzelheiten: Wurst essen, mehrere Tage darben, Reste von Personalstärke und Munition verwalten, telefonieren, die eigenen Leute wiederfinden, verwundet daliegen, auf den zwei Feldflugplätzen des Kessels warten, Schnee schaufeln usw. Eine Mannigfaltigkeit aus Einzelheiten, nie aber ein menschliches Gegenüber von Gegnern, das man eine Schlacht nennt.
In diesem Sammelsurium von Wirklichkeit und Unwirklichkeit geschah es, daß ein Reserveoffizier, ein von seiner Frau, die er 1939 heiratete, geliebter Oberstudiendirektor aus einer niedersächsischen Kleinstadt, ein Major der Reserve mit einer oberflächlichen Verwundung der Armbeuge, sich am Flugplatz Gumrak einfand; ihn hatte die Durchbohrung der Haut, die den Arm von der Achsel bis zum Handgelenk aufschlitzte, ohne lebensgefährlich zu sein, erschreckt. Der Regimentsarzt hatte eine Paste auf die Wunde gestrichen. Verbandsmaterial besaß er nicht. Einen Paß, der den Ausflug aus dem Kessel ermöglicht hätte, verweigerte er.
Nun war der Major der Reserve bis zu den Junkers-Maschinen vorgedrungen, die ohne Regelmäßigkeit das letzte Flugfeld dieses Elends verließen. In seinem Rock war eine Bargeldsumme von 10000 Reichsmark eingenäht. Seine Frau nannte dies den „Rettungsanzug“. Diesen Rock trennte der Mann auf, nachdem seine Haut zerschlitzt war, nicht mehr realitätssicher, entnahm den Betrag. Er wollte das Geld einem vorüberlaufenden Piloten in die Hand drücken, wenn der ihn als Schwerverwundeten in die Maschine aufnähme. An den Rändern des Flugplatzes Explosionen von Artillerie, welche die Rote Armee zur Beunruhigung der Flugmanöver auslöste. So war der Flugzeugführer eilig, ja selbst in Panik. Vermutlich erkannte er den Wert des Bündels von Reichsmarkscheinen nicht sofort, hielt auch das Anliegen für entlegen. An diesem Ort war kein Tausch möglich von Geld gegen Rettung. Eine Anzeige des Bestechungsversuchs wollte er aus den gleichen Gründen – unzureichende Kenntnis der Situation, angstvolle Eile – ebensowenig erstatten.
So war der Major für den Moment gerettet. Das Bündel Geld hielt er in der Hand. Ein Feldjägergendarm aber, der das Flugfeld durchschritt, hatte den Vorgang bemerkt. Er, für den jedes Ausfliegen aus dem Kessel ausgeschlossen war, noch als letzte mußten die Feldgendarmen am Platz bleiben, besaß die Zeit, das Unzulässige im Ansinnen des Majors zu erkennen. Der verzweifelte Mann wurde verhaftet und noch am Frühabend erschossen. Schnee rieselte, die Dämmerung brach in Abschnitten herein.
Eine Episode in der Schlacht um Stalingrad
„Heimkehr kann man nicht kaufen.“
A. Pouchkine
Der russische Schriftsteller Konstantin Simonow behauptet: eine Schlacht von Stalingrad fand technisch gesehen nie statt. Der Untergang der 6. Armee, d. h. die klägliche Reduktion einer Masse von 300 000 Soldaten des Blitzkriegs zu einer verzweifelten Summe von Einzelgruppen (nie aber Individuen), war entschieden im Moment der Vereinigung der südlichen und der nordwestlichen Stoßgruppe der Roten Armee bei Kalatsch, d. h. der kartenmäßig feststellbaren Umzingelung. Es fehlte nur noch der Durchhaltebefehl Hitlers, der die Armee in diesem Kartenbild fixierte. Die tatsächlichen Geschehnisse, die den Zeitraum vom 19. November 1942 bis zum 2. Februar 1943 ausmachen, bestehen aus Einzelheiten: Wurst essen, mehrere Tage darben, Reste von Personalstärke und Munition verwalten, telefonieren, die eigenen Leute wiederfinden, verwundet daliegen, auf den zwei Feldflugplätzen des Kessels warten, Schnee schaufeln usw. Eine Mannigfaltigkeit aus Einzelheiten, nie aber ein menschliches Gegenüber von Gegnern, das man eine Schlacht nennt.
In diesem Sammelsurium von Wirklichkeit und Unwirklichkeit geschah es, daß ein Reserveoffizier, ein von seiner Frau, die er 1939 heiratete, geliebter Oberstudiendirektor aus einer niedersächsischen Kleinstadt, ein Major der Reserve mit einer oberflächlichen Verwundung der Armbeuge, sich am Flugplatz Gumrak einfand; ihn hatte die Durchbohrung der Haut, die den Arm von der Achsel bis zum Handgelenk aufschlitzte, ohne lebensgefährlich zu sein, erschreckt. Der Regimentsarzt hatte eine Paste auf die Wunde gestrichen. Verbandsmaterial besaß er nicht. Einen Paß, der den Ausflug aus dem Kessel ermöglicht hätte, verweigerte er.
Nun war der Major der Reserve bis zu den Junkers-Maschinen vorgedrungen, die ohne Regelmäßigkeit das letzte Flugfeld dieses Elends verließen. In seinem Rock war eine Bargeldsumme von 10000 Reichsmark eingenäht. Seine Frau nannte dies den „Rettungsanzug“. Diesen Rock trennte der Mann auf, nachdem seine Haut zerschlitzt war, nicht mehr realitätssicher, entnahm den Betrag. Er wollte das Geld einem vorüberlaufenden Piloten in die Hand drücken, wenn der ihn als Schwerverwundeten in die Maschine aufnähme. An den Rändern des Flugplatzes Explosionen von Artillerie, welche die Rote Armee zur Beunruhigung der Flugmanöver auslöste. So war der Flugzeugführer eilig, ja selbst in Panik. Vermutlich erkannte er den Wert des Bündels von Reichsmarkscheinen nicht sofort, hielt auch das Anliegen für entlegen. An diesem Ort war kein Tausch möglich von Geld gegen Rettung. Eine Anzeige des Bestechungsversuchs wollte er aus den gleichen Gründen – unzureichende Kenntnis der Situation, angstvolle Eile – ebensowenig erstatten.
So war der Major für den Moment gerettet. Das Bündel Geld hielt er in der Hand. Ein Feldjägergendarm aber, der das Flugfeld durchschritt, hatte den Vorgang bemerkt. Er, für den jedes Ausfliegen aus dem Kessel ausgeschlossen war, noch als letzte mußten die Feldgendarmen am Platz bleiben, besaß die Zeit, das Unzulässige im Ansinnen des Majors zu erkennen. Der verzweifelte Mann wurde verhaftet und noch am Frühabend erschossen. Schnee rieselte, die Dämmerung brach in Abschnitten herein.
21:00
Die Patriotin (117min.)
(1979)
„Die meiste Zeit ist Gabi Teichert verwirrt. Das ist eine Frage des Zusammenhangs.“
Die Geschichtslehrerin Gabi Teichert (Hannelore Hoger) sucht nach den Wurzeln der deutschen Geschichte. Man soll sie nämlich ergründen, wenn man nicht von ihr umgebracht werden will.
Gabi Teichert ist, ihrem Beruf nach, konsequente Kämpferin für Bildung und Aufklärung. Verstrickt in den Alltag des Schuldienstes und veränderungssüchtig in ihrem Privatleben: auf der Suche nach einer Republik, für die der Einsatz lohnt.
„Bußtag. Gabi Teichert korrigiert Deutschaufsätze. Das heißt, sie schmeißt die Fehler raus. Dazu ist sie verpflichtet. Wenn doch die Fehler das Beste daran sind.“
Die Patriotin (117min.)
(1979)
„Die meiste Zeit ist Gabi Teichert verwirrt. Das ist eine Frage des Zusammenhangs.“
Die Geschichtslehrerin Gabi Teichert (Hannelore Hoger) sucht nach den Wurzeln der deutschen Geschichte. Man soll sie nämlich ergründen, wenn man nicht von ihr umgebracht werden will.
Gabi Teichert ist, ihrem Beruf nach, konsequente Kämpferin für Bildung und Aufklärung. Verstrickt in den Alltag des Schuldienstes und veränderungssüchtig in ihrem Privatleben: auf der Suche nach einer Republik, für die der Einsatz lohnt.
„Bußtag. Gabi Teichert korrigiert Deutschaufsätze. Das heißt, sie schmeißt die Fehler raus. Dazu ist sie verpflichtet. Wenn doch die Fehler das Beste daran sind.“